Der Obere Muschelkalk: Schichtfolge und Fossilien

Der Obere Muschelkalk:
Schichtfolge und Fossilien

»   Litho- und biostratigrafische Gliederung des Oberen Muschelkalks im nördlichen Württemberg
Formationsgliederung (links), ausgewählte Leithorizonte (Mitte) und biostratigrafische Zonengliederung anhand von Ceratitenarten (rechts)
(Persönl. Mitteilung Dipl.-Geol. R. Ernst, 2017, verändert; GEYER & GWINNER, 2011)
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Rottweil-Formation
Meißner-Formation
  • Wimpfen-Subformation
  • Künzelsau-Subformation
  • Tonplatten-Subformation
Trochitenkalk-Formation
  • Bauland-Subformation
  • Neckarwestheim-Subformation / Crailsheim-Subformation
  • Hassmersheim-Subformation / Crailsheim-Subformation
  • Kraichgau-Subformation
Randfazies: Grafenwöhr-Formation

Trochitenkalk-Formation

Namengebend ist das häufige, in einigen Bänken gesteinsbildende Vorkommen von Skelettelementen der Seelilie Encrinus liliiformis. Charakteristisch für die Schichtfolge ist der Wechsel zwischen Kalksteinbänken und Tonmergelsteinlagen (GEYER & GWINNER, 2011: 161).

Etwa ab Rottweil südwärts verliert sich der tonmergelige Anteil, im Untergrund des Alpenvorlands wird die Fazies dolomitisch und geht schließlich in die sandige Randfazies der Grafenwöhr-Formation über (GEYER & GWINNER, 2011: 161). Im südwestlichen Baden-Württemberg (Wutachgebiet und Oberrhein) liegt die Trochitenkalk-Formation in der sogenannten "Alemannischen Fazies" vor, in der viele Leitbänke des restlichen südwestlichen Beckenraums fehlen. Es wird daher dort nur eine grobe Unterteilung in Unteren, Mittleren und Oberen Trochitenkalk vorgenommen (GEYER & GWINNER, 2011: 163 f.).

Kraichgau-Subformation

(Ohne Biozonen)

Die Kraichgau-Subformation ist von der Öffnung der Burgundischen Pforte und der damit entstehenden direkten Meeresverbindung zwischen der Tethys und dem südwestlichen Germanischen Becken geprägt: Zeigen sich anfänglich noch Anklänge an die Diemel-Formation des Unteren Muschelkalks mit aufgearbeiteten Hornsteinknollen aus dieser Formation, fallen die Schillbänke und reiche Fauna, bestehend aus Muscheln und Gastropoden, auf (GEYER & GWINNER, 2011: 161). An Cephalopoden kommt nur Germanonautilus bidorsatus vor (MUNDLOS & URLICHS, 1984: 17), der über die Burgundische Pforte in das Germanische Becken einwanderte.
Die auch geläufige Bezeichnung "Zwergfauna-Schichten" bezieht sich auf die geringe Individuengröße der vorkommenden Arten und hat nichts mit etwaigem Zwergwuchs aufgrund ungeeigneter Lebensbedingungen zu tun (HAGDORN, 1988: 35).

Im Aufschluss

Fossilien

Hassmersheim-Subformation / Crailsheim-Subformation

atavus-Zone (pars)

Hassmersheim-Subformation

Mit der Hassmersheim-Subformation setzt eine vollmarine Fazies ein. Die Schichtfolge ist deutlich gekennzeichnet durch bis zu über einen Meter mächtige Schill- beziehungsweise Trochitenkalkbänke, die sogenannten Trochitenbänke 1 bis 4 und dazwischen liegende, bis zu 2 Meter mächtige Tonmergelsteinpakete, die Mergelschiefer 1 bis 3. Diese Abfolge ist von Franken bis in das südliche Württemberg gleichförmig ausgebildet. Nur in der Trochitenbank 1 kommt der Brachiopode Tetractinella trigonella vor, weshalb die Bank auch als Tetractinellabank bezeichnet wird (GEYER & GWINNER, 2011: 163).

Etwas oberhalb der Tetractinellabank tritt der erste Ceratit, Ceratites atavus, als Einwanderer aus der Tethys auf.

Im Aufschluss

Fossilien

Crailsheim-Subformation

Gesondert als Crailsheim-Subformation wird die zeitgleiche Fazies der Gammesfelder Barre (Raum Crailsheim) ausgewiesen, die aus mehreren, bis zu mehreren Metern mächtigen Trochiten-Muschelschill-Bänken besteht, während die Mergelschiefer ausfallen. Bioherme von Muscheln, Brachiopoden und Seelilien auf den Hartgründen der Schillbänke sind häufig (GEYER & GWINNER, 2011: 163). Die sogenannten Encrinus-Platten, linsenförmige bioklastische Körper mit zwischenliegenden Tonmergeln, eine Entsprechnung des Mergelschiefers 2, stellen eine Konservatlagerstätte mit hervorragend erhaltenen Echinodermenfossilien dar (HAGDORN, 1991: 29).

Im Aufschluss

Fossilien

Neckarwestheim-Subformation / Crailsheim-Subformation

atavus- (pars) und pulcher-Zone (pars)

Neckarwestheim-Subformation

Eine monotone Abfolge von oft blaugrauen mikritischen Kalksteinbänken mit dazwischen liegenden dünnen Tonmergellagen bildet die Neckarwestheim-Subformation, die bis zum Top der Trochitenbank 6 reicht. Die Schichtfolge ist allgemein fossilarm. Etwa mittig treten mehrere trochitenführende Schillkalkbänke auf, die als Trochitenbank 5 zusammengefasst werden (GEYER & GWINNER, 2011: 163).

Im Aufschluss

Fossilien

Crailsheim-Subformation

Die Crailsheim-Subformation in ihrer typischen Ausbildung setzt sich auch noch parallel zur Neckarwestheim-Subformation fort. Die Hangendgrenze beider Formationen wird am Top der Trochitenbank 6 gezogen. Das Top der Trochitenbank 6 ist im Verbreitungsgebiet dieser Fazies stets von Biostromen der Muschel Placunopsis bedeckt (HAGDORN, 1991: 29 ff.).

Im Aufschluss

Bauland-Subformation

pulcher- (pars), robustus- und compressus-Zone

Die Bauland-Subformation setzt sich überwiegend aus mikritischen Kalksteinbänken zusammen, in die einige überregional verbreitete, trochitenführende Schillkalkbänke - die Trochitenbänke 7 bis 12 - eingeschaltet sind (GEYER & GWINNER, 2011: 163). Die Hangendgrenze zur Meißner-Formation wird an der Oberseite der Spiriferinabank gezogen.

Im Aufschluss

Fossilien

Meißner-Formation

Regelmäßige dezimeter- bis metermächtige Einschaltungen von Tonmergelsteinlagen - im Gegensatz zu deren Fehlen im höheren Teil der Trochitenkalk-Formation - zwischen Kalksteinbänke machen die Meißner-Formation aus. Im höheren Teil wird die zunehmend von Kalkbänken dominierte Schichtfolge als Künzelsau-Subformation und Wimpfen-Subformation beziehungsweise - im südlichen Baden-Württemberg - als Plattenkalke ausgeschieden (GEYER & GWINNER, 2011: 165 f.).

Tonplatten-Subformation

evolutus-, spinosus-, postspinosus-, enodis/laevigatus-, sublaevigatus-, praenodosus-, nodosus- und weyeri-Zone (pars)

Die Tonplatten-Subformation wird von einer insgesamt sehr regelmäßigen Wechsellagerung dezimetermächtiger mikritischer und bioklastischer Kalksteinbänke und dünner Tonmergelsteinlagen gebildet (GEYER & GWINNER, 2011: 166). Auffällig sind Unterbrechungen dieser Abfolge in Form mächtigerer Tonmergelsteinschichten, die sogenannten "Tonhorizonte". Diese stellen im südlichen Beckenbereich Leithorizonte dar und sind von unten nach oben durchnummeriert; eine früher angewendete Nummerierung mit griechischen Buchstaben ist nach wie vor geläufig.

Häufig auftretende Rinnen, Sohlmarken, Wellen- und Strömungsrippel belegen eine geringe Wassertiefe von nur wenigen Zehnermetern. Funde von einigermaßen gut erhaltenen Cephalopoden - Nautiliden und Ceratiten - stammen vor allem aus den tonigeren Horizonten dieser Schichtfolge.

Im Aufschluss

Fossilien

Künzelsau-Subformation

weyeri- (pars), dorsoplanus- und semipartitus-Zone

Die Künzelsau-Subformation repräsentiert eine kalkdominierte Fazies mit dickbankigen Kalksteinbänken. Daneben treten noch einige Tonhorizonte auf. Die Tonhorizonte werden nach oben hin dolomitischer, während die Kalksteinbänke von unten nach oben zuerst oolithisch, dann bioklastisch und schließlich spezifisch von Brachiopodenschill erfüllt sind (GEYER & GWINNER, 2011: 166).
Auffällig ist die mit der weyeri-Zone einsetzende Zunahme der Windungshöhe bei den Ceratiten mit gleichzeitiger Reduktion der Windungsdicke, die schließlich zu sehr flachen, hochmündigen Formen ("Discoceratiten") führt.

Mit der semipartitus-Zone endet die Biozonengliederung des Oberen Muschelkalks, darüber sind noch einige Meter der Muschelkalk-Schichtfolge nur lithostratigrafisch untergliedert.

Im Aufschluss

Fossilien

Wimpfen-Subformation

(Ohne Biozonen)

Die Wimpfen-Subformation steht für die Fränkischen Grenzschichten, die nur im Norden Südwestdeutschlands, etwa ab nördlich einer Linie Backnang-Schwäbisch Hall, über der Künzelsau-Subformation vorkommen. Sie beginnen mit einer Abfolge brackisch beeinflusster Tonsteine mit Ostracodenführung ("Bairdientone") und nur vereinzelten eingeschalteten dünnen Kalksteinlagen, auf die ein Komplex von mehreren bioklastischen Kalksteinbänken mit nach oben zunehmender Glaukonitführung folgt. Örtlich tritt eine Kalksteinbank mit auffälligen Septarien auf. Diese Bankfolge bildet als "Glaukonitkalk" oder "Glaukonitbank" in ihrem Verbreitungsgebiet den Abschluss des Muschelkalks (GEYER & GWINNER, 2011: 166 ff.).

Im Aufschluss

Fossilien

Rottweil-Formation

Im südlichen Baden-Württemberg vertritt die aus grob geschichteten, dick gebankten Dolomitsteinen gebildete Rottweil-Formation die Meißner-Formation, wobei ihre Untergrenze nach Norden ansteigt und sie nördlich einer Linie Besigheim-Backnang gegen die Meißner-Formation auskeilt. Nördlich von Stuttgart bis nach Ostwürttemberg und nördlich bis gegen die Grenze zur Meißner-Formation ist im obersten Abschnitt ein auffälliger Onkoidkalkstein, der sogenannte "Sphärcodienkalk", entwickelt. Aufgrund des häufigen Vorkommens der Muschel Trigonodus sandbergeri hat sich auch die Bezeichnung Trigonodusdolomit für diese Dolomitfazies eingebürgert (GEYER & GWINNER, 2011: 169 f.).
Für die Dolomite wird eine kontemporäre bis frühdiagenetische Bildung im intertidalen und supratidalen lagunären Bereich angenommen; ob entweder zutretendes Süßwasser oder hypersalinare Lösungen die Dolomitisierung ausgelöst haben, ist noch ungeklärt. Die Entstehung der Dolomitfazies setzte in südlichen randmarinen Gebieten bereits zum Ende der Trochitenkalk-Formation ein und griff dann im Lauf des Oberen Muschelkalks immer weiter nach Norden in das Muschelkalkbecken hinein (ALESI, 1984: 40 f.). Charakteristisch für diese lagunäre Fazies sind Oolithe und Lumachelle-Barren, wobei die Schalen von Mollusken stets weggelöst sind und nur Hohlräume oder Steinkerne zurückblieben. Es zeigt sich eine von Muscheln und Gastropoden bestimmte Weichbodenfauna (GEYER & GWINNER, 2011: 170). Außerdem kommen Reste von Wirbeltieren und Krebsen vor. Gelegentliche Funde von inkohlten oder gagatisierten Holzresten sind einerseits ein Ausdruck des beckenwärtigen Vorrückens der Küste als auch der Erholung der Pflanzenbestände nach dem endpermischen Massensterben.

Im Aufschluss

Fossilien

Randfazies: Grafenwöhr-Formation

Die Grafenwöhr-Formation am südöstlichen Beckenrand von der Oberpfalz bis zum Allgäu reicht stratigrafisch wahrscheinlich von Mittleren Muschelkalk bis in den Keuper hinein. Die Fazies ist terrestrisch bis paralisch, neben Arkosen und Sandsteinen kommen Tonsteine und beckenwärts auch sandige Dolomitsteine vor (GEYER & GWINNER, 2011: 171).

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